Es gilt das gesprochene Wort!
   TOP 6, 11, 12, 36, 41 und 42: Vorlagen zu größeren Abständen 
zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern (Drs-Nr.: 19/638, 19/663, 
19/639, 19/637, 19/666, 19/663, 19/667)
   „Worte sind Luft. Aber die Luft wird zum Wind. Und der Wind macht 
die Schiffe segeln.“ Diese Segelanleitung des ungarisch-englischen 
Schriftstellers Arthur Köstler soll also das abgetakelte 
schwarz-grün-gelbe Energiewendeschiff wieder flott machen, Herr 
Innenminister? Und ausgerechnet Sie, lieber Herr Grote, sollen hier 
heute Morgen den Windmacher spielen? Das passt doch gar nicht zu 
Ihnen – und Sie haben mein Mitgefühl, Herr Innenminister, dass Sie 
die Pleite erklären oder besser verklären sollen, die Sie gar nicht 
angerichtet haben. Während SPD-geführte Regierungen einschl. der 
Küstenkoalition Schleswig-Holstein bundesweit zu dem Energiewendeland
gemacht haben, herrscht pünktlich zum Abschied des 
Energiewendeministers inzwischen im Norden bei der Windenergie 
buchstäblich tote Hose. Und diese traurige Tatsache, Herr Minister 
Habeck, kann keine noch so smarte PR-Strategie verkleistern.
   Der Dithmarscher Landeszeitung konnte man vorgestern entnehmen, 
wie Daniel Günther vor Ort in Heide die Windpläne seiner Regierung 
rechtfertigte. Man habe nun einmal keine absolute Mehrheit und müsse 
unter den Koalitionspartnern Kompromisse machen. Das sei der Grund, 
warum die CDU ihre Wahlversprechen nicht umsetzen könne. Keine Frage:
Koalitionen bedeuten fast immer Kompromisse. Davon kann ich aus 
eigener Erfahrung reichlich berichten. Wer keine absolute Mehrheit 
hat, der wird seine Versprechen nicht zu 100 Prozent umsetzen können.
Dafür haben die Menschen auch Verständnis. Aber wofür sie nach meiner
Erfahrung überhaupt kein Verständnis haben, ist, wenn diese Erklärung
vorgeschoben wird von Politikerinnen und Politikern, die vor der Wahl
das Blaue vom Himmel versprechen und danach nach faulen Ausreden 
suchen. Mir ist der Landtagswahlkampf noch sehr präsent. Ich erinnere
mich gut an die Treffen mit Menschen, die sich bei mir über 
Windkraftanlagen beschwerten. Keine Frage: Die SPD hätte es sich 
leichter machen können. Wir hätten den Menschen auf Fehmarn, in 
Dithmarschen, Nordfriesland oder Rendsburg-Eckernförde größere 
Abstände versprechen und gleichzeitig behaupten können, dass die 
Energiewendeziele trotzdem einhaltbar wären. Wir hätten so tun 
können, als wäre nicht in einem monatelangen Dialogverfahren intensiv
um Kompromisse gerungen worden. Und wir hätten behaupten können, dass
man die Pläne einfach nur über den Haufen werfen müsste, um zu einem 
besseren Ergebnis zu kommen. Wir haben das nicht gemacht. Denn schon 
vor einem Jahr war klar: Die gleichzeitige Einhaltung der 
Energiewendeziele und die deutliche Erhöhung der Abstände sind nicht 
möglich. Zumindest, solange man die Landesfläche nicht auf Kosten von
Niedersachsen vergrößern will. Lassen Sie mich darum eine Sache 
klarstellen: Dass Herr Günther seine Abstandsversprechen nicht 
einhalten kann, hat nichts damit zu tun, dass die CDU keine absolute 
Mehrheit erreicht hat. Aber es hat sehr viel damit zu tun, dass 
Schleswig-Holstein heute genauso groß ist wie vor einem Jahr. In 
diesem Zusammenhang bewundere ich die schwarz-grüne Duldsamkeit der 
Grünen. So stoisch muss man sich den Schwarzen Peter vom 
Ministerpräsidenten erst einmal zuschieben lassen! Das scheint ja der
neue Stil der schwarzen Ampelkoalition zu werden – wie wir heute an 
den Bemerkungen aus der FDP zum Thema HSH-Nordbank nachlesen können.
   Die Windkraftplanung ist kein Einzelfall. „Wir bauen die A20 in 
fünf Jahren fertig“ – kassiert. „Wir schaffen die 
Straßenausbaubeiträge ab“ – war nie so gemeint. „Wir entlasten die 
Familien bei den Kita-Beiträgen“ – vielleicht ja unter der nächsten 
Regierung. Stück für Stück versucht diese CDU auf Distanz zu den 
eigenen vollmundigen Wahlkampfversprechen zu gehen. Aber lassen Sie 
uns Ihre angeblich so großartige Wind-Einigung näher betrachten: Für 
90 Prozent der Menschen, die sich bislang über Beeinträchtigungen 
durch Windenergie beschwert haben und denen Sie Verbesserungen 
versprochen haben, wird sich auch jetzt nichts ändern. Die Abstände 
von Windkraftanlagen zu Splittersiedlungen bleiben mit 400 Metern 
sogar die gleichen, die es schon unter der Regierung Carstensens gab.
Und der Mindestabstand der dreifachen Anlagenhöhe war längst 
Bestandteil der Planungen der Küstenkoalition in der letzten 
Legislatur. Es braucht keine Demonstrationen vor dem Landeshaus um zu
erkennen: Da hatten Sie etwas anderes versprochen. Es wäre traurig 
genug, wenn Sie dafür nur die Arbeitszeit der Ministeriumsmitarbeiter
über Monate eingespannt hätten. Aber es ist ja nicht nur das: Mit 
Ihrer Hinhaltetaktik haben Sie der Energiewende und der Windbranche 
einen Bärendienst erwiesen.
   Und ob Ihre Pläne rechtssicher sind, oder eine Klagewelle auf uns 
zurollt – das steht in den Sternen. Sollte das passieren wäre das 
geradezu eine Katastrophe für die Akzeptanz der Windenergie im 
Norden. Wir warten gespannt, ob dafür dann auch der Koalitionspartner
verantwortlich gemacht werden wird.
   „Alles viel besser als vorher“ – das war der Tenor Ihres Berichts.
Sie sehen mich staunen. Wenn dem so ist, warum musste dann eigentlich
erst die SPD einen Berichtsantrag ankündigen, bevor die Koalition aus
dem Quark kam? In der vergangenen Tagung Ihre vornehme Zurückhaltung 
bei Fehmarnbelt, jetzt bei der Windkraft – ist das nach dem 
PR-Feuerwerk der ersten Monate die neue Bescheidenheit der Regierung?
Oder gibt es womöglich einen anderen Grund? Sollte es gar vorstellbar
sein, dass diese Landesregierung den Menschen erst nach dem 6. Mai 
reinen Wein einschenken will? Wenige Tage nach der Kommunalwahl – auf
Ihrer Homepage hieß es bis vor kurzem „Mitte Mai“, jetzt steht da 
„Mitte des Jahres“. Das sind wirklich kurzweilige Verrenkungsmanöver.
Aber wir lassen Ihnen das nicht durchgehen. Sie wollen nach wie vor 
unmittelbar nach der Kommunalwahl die neuen  Planentwürfe in die 
Ressortabstimmung geben und danach im Kabinett beschließen. Dann erst
kann wirklich jeder auf den ersten Blick sehen, welche Auswirkung die
Pläne der Landesregierung in der Realität haben. Bis dahin müssen 
sich die Menschen mit einer schwammigen Liste von überarbeiteten 
Kriterien begnügen, die alles und nichts bedeuten können. Mag sein, 
dass die Abstände an der einen oder anderen Stelle ein wenig größer 
werden. Vielleicht aber auch nicht. Und vor allem mag es auch sein, 
dass durch die geplanten Änderungen bei den Naturschutzkriterien 
plötzlich Windkraftanlagen da möglich werden, wo es bisher eben nicht
möglich war. Was wäre das für eine Überraschung für die Menschen, 
denen sie ganz anderes versprochen haben? Da hat Ihre Rede, Herr 
Innenminister, keinerlei Klarheit gebracht. Erschreckend gut passt 
ins Bild, dass Ihr Verfahren die muffige Luft der Hinterzimmer quasi 
atmet. Nicht eine Sitzung des Landesplanungsrates, nicht ein 
Fachgespräch mit Fraktionen und Verbänden, nicht eine öffentliche 
Dialogveranstaltung, sondern eine eilige Krisensitzung der Koalition 
haben zu diesem Magerquark-Ergebnis geführt. Und die Liste zur 
Änderung des Kriterienkatalogs von der ich eben gesprochen habe, hat 
der NDR übrigens seit dem 27. März online – auf den Seiten der 
Landesregierung findet sie sich bis heute nicht. Die Sozialdemokraten
sind ja wirklich überzeugte Anhänger des öffentlich-rechtlichen 
Rundfunks. Das heißt aber nicht, dass der NDR auch noch die Arbeit 
für die Landesregierung erledigen sollte. In Wirklichkeit sagt das 
wohl alles über das Transparenzinteresse der Landesregierung bei 
diesem Thema.
   Wer zehn Monate nach der Regierungsübernahme allen Ernstes 
erklärt, er könne die Pläne rein zufällig erst wenige Tage nach der 
Kommunalwahl vorlegen, der versucht die Menschen für dumm zu 
verkaufen. Von Michel de Montaigne stammt der Satz: „Kein Wind ist 
dem günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will.“ Sie wissen es 
nicht – oder noch schlimmer, Sie wollen das den Menschen 
vorenthalten. Die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner 
haben einen Anspruch darauf, vor der Kommunalwahl zu erfahren, woher 
bei Ihrer Planung der Wind weht. Die Planentwürfe müssen vor dem 6. 
Mai auf den Tisch!
Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)
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