Zögern statt Handeln: EU drückt sich vor konkreten Maßnahmen zum Umwelt- und Gewässerschutz vor Tierarzneimittel-Belastungen (FOTO)

Zunehmend sind Gewässer durch Verschmutzungen bedroht – dazu
zählen auch hochwirksame Arzneimittel aus der Tierhaltung, die auf
direktem Weg in die Umwelt gelangen. Anlässlich des internationalen
Weltwassertages 2019 macht PAN Germany darauf aufmerksam, dass der
Schutz von Gewässern vor umwelt- und gesundheitsgefährdenden
Tierarzneimitteln ein prioritäres Ziel sein muss, um schadstofffreies
Wasser als Lebensgrundlage für Natur und Mensch zukünftig
gewährleisten zu können. Nach mehr als drei Jahren der Verzögerungen
legte die EU Kommission in diesem Monat endlich den lang erwarteten
Strategischen Ansatz für Arzneimittel in der Umwelt (PiE) zur
Bewältigung der Gefahren durch die Freisetzung von Arzneimitteln in
die Umwelt und die Gefahren für die menschliche Gesundheit vor. Die
Hoffnung von Gesundheits- und Umweltschützern, wie PAN Germany, dass
die neue Strategie ein wegweisendes Leitdokument im Kampf gegen die
zunehmende Belastung von Gewässern mit Human- und Tierarzneimitteln
sein würde, wurde enttäuscht. Statt der erwarteten konkreten
Maßnahmen zur Eindämmung von Arzneimitteleinträgen und zur
Reduzierung des Belastungsrisikos, auch hinsichtlich der Bekämpfung
von antimikrobiellen Resistenzen (AMR), konzentrieren sich die
meisten der vorgeschlagenen Maßnahmen auf „ermutigen“, „erwägen“ und
„erforschen“.

Längst belegen zahlreiche Studien den Zusammenhang von
Antibiotikarückständen und der Entwicklung und Verbreitung von AMR in
Gewässern und Böden. Umso erschreckender ist, dass im strategischen
Ansatz der EU Kommission erklärt wird, dass es keinen eindeutigen
Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Arzneimitteln in der Umwelt
und den Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gibt. Trotz der
Tatsache, dass das Umweltprogramm der Vereinten Nationen die
Umweltverschmutzung durch AMR als eine der größten neu auftretenden
Gesundheitsgefahren anerkannt hat, wird die Umsetzung konkreter
Maßnahmen zur Bekämpfung weiter aufgeschoben mit dem Verweis auf die
Notwendigkeit erst mehr Erkenntnisse sammeln zu müssen.

Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt von PAN
Germany, sagt: „Grundsätzlich unterstützt PAN Germany den Ansatz,
weitere Erkenntnisse zu gewinnen, um die komplexen Zusammenhänge
zwischen Umweltbelastungen durch Arzneimittel, der Entwicklung und
Verbreitung von AMR und der Gefahren für Menschen, Umwelt und
Naturhaushalt besser zu verstehen. Doch darf das nicht dazu führen,
dringend benötigte und längst empfohlene Maßnahmen wie Verbesserungen
in der Tierhaltungspraxis und die Festsetzung von Grenzwerten weiter
hinauszuzögern.“

Zwar schlägt die Strategie eine Reihe wichtiger Maßnahmen vor, wie
z.B. die Verbesserung der Behandlung von kommunalen Abwässern und die
Erweiterung der Herstellerverantwortung, doch ignoriert sie andere
dringend notwendige Maßnahmen, wie die Verbesserung von
Tierhaltungssystemen, durch die die Tiergesundheit erhalten und eine
verantwortungsvolle Reduktion des Tierarzneimittelbedarfs umgesetzt
werden kann.

„Der Strategische Ansatz zu Arzneimitteln in der Umwelt der EU
Kommission ist nicht konkret genug, um die Umwelt vor den Gefahren
durch Arzneimittelbelastungen und Antibiotikaresistenzen aus der
intensiven Tierproduktion zu schützen. Wir hatten auf verbindliche
Vorgaben gehofft, wie Konzentrationsgrenzwerte für
Arzneimittelrückstände in Gewässern und Böden und auf einer Stärkung
des Vorsorgeprinzips. Leider hat die EU Kommission die Chance vertan,
vorsorgende Maßnahmen zu stärken, die bekanntermaßen dazu beitragen,
die Tiergesundheit zu verbessern und somit den Bedarf an
Tierarzneimitteln zu reduzieren. Gerade bezüglich einer Verbesserung
des Tierwohls und der Unterstützung artgerechter Tierhaltung bleibt
die Strategie hinter ihren Möglichkeiten weit zurück“, ergänzt Tamara
Gripp von PAN Germany.

Nach Jahren der Verzögerung ist die Veröffentlichung des
strategischen Ansatzes der EU Kommission aus Sicht von PAN Germany
lediglich als Teilerfolg zu betrachten. Umso mehr sind nun die
Mitgliedstaaten der EU aufgerufen, mit Ambition und Ehrgeiz auf den
strategischen Ansatz aufzubauen und umfassende Maßnahmen zur
Reduktion und Vermeidung der Umweltverschmutzung mit Arzneimitteln
aus der Human- und Veterinärmedizin umzusetzen.

Weitere Informationen:
Erklärung der EU Kommission
https://ec.europa.eu/germany/news/arzneimittel20190311_de
Strategic approach to pharmaceuticals in the environment
http://ots.de/g7suVk
Pressemitteilung der Vereinten Nationen http://ots.de/ofxaRH
Gemeinsame NGO-Stellungnahme zum Strategischen Ansatz PiE
http://ots.de/iIgbiq
PAN Germany Stellungnahme Tierwohl http://ots.de/V10lb7

Pressekontakt:
Tamara Gripp, Tel. 040-3991910-23,
E-Mail: tamara.gripp[at]pan-germany.org

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