Sperrfrist: 03.08.2017 00:00
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   Mit Hilfe von modernen Satellitensendern hat der NABU neue 
Erkenntnisse über das Zugverhalten der Schreiadler herausgefunden. 
Die Ergebnisse zeigen, dass abziehende Jungvögel, die grundsätzlich 
ohne ihre Eltern in das Winterquartier aufbrechen, unterwegs auf die 
Erfahrung von Altvögeln angewiesen sind, um die beste Route über den 
Bosporus um das Mittelmeer herum zu finden. „Treffen sie unterwegs 
keine Altvögel, fliegen sie meist einfach nur in südliche Richtungen 
und kommen dann beim Versuch um, das Mittelmeer zu überfliegen. Denn 
über dem Meer gibt es keine thermischen Aufwinde, auf die Adler als 
Segelflieger dringend angewiesen sind“, sagt Bernd-Ulrich Meyburg, 
Leiter des NABU-Programms.
   Die Forschungsergebnisse konnten nun erstmals in einem Artikel im 
Fachmagazin „Journal of Experimental Biology“ veröffentlicht werden. 
„Der NABU profitiert enorm von solchen Forschungen, um den Schutz des
vom Aussterben bedrohten Schreiadlers zu verbessern. Den Tieren 
fehlen ungestörte Brutwälder und nahrungsreiche Feuchtwiesen, aber 
auch schlecht platzierte Windenergieanlagen im Schreiadlergebiet 
minimieren weiterhin den Bestand“, sagte Olaf Tschimpke, 
NABU-Präsident.
   Die winzige Restpopulation des Schreiadlers in Deutschland ist vom
Aussterben bedroht. Die verbliebenen gut 100 Brutpaare in 
Nordost-Deutschland bilden zugleich die Westgrenze der Verbreitung 
dieser fast ausschließlich in Europa brütenden Vogelart. Um die 
Population zu stützen, führt der NABU ein Programm zur Handaufzucht 
und Auswilderung zweitgeborener Schreiadler-Küken durch. Diese hätten
ohne Hilfe keine Überlebenschance, da Schreiadler grundsätzlich nur 
eines von zwei Jungen aufziehen. Seit 2004 wurden so bereits 86 
zusätzliche Jungadler in Brandenburg ausgewildert, 36 davon stammten 
aus der Region. 50 weitere wurden dagegen aus Lettland importiert, wo
der Schreiadler noch in größerer Zahl vorkommt. Der natürliche 
Bruterfolg der Schreiadler Brandenburgs konnte so in diesem Zeitraum 
um über 70 Prozent erhöht werden.
   Für das Forschungsprogramm konnte Bernd Meyburg für ein 
einzigartiges Orientierungsexperiment 15 lettische und acht 
brandenburgische Jungadler sowie neun brandenburgische Altvögel mit 
GPS-Satellitensendern ausstatten. Insbesondere sollte untersucht 
werden, ob die von ihrem Geburtsort um 940 km nach Südwesten 
gebrachten lettischen Adler vielleicht eine andere, weniger geeignete
Zugroute einschlagen würden als die heimischen Jungvögel aus 
Brandenburg. „Wenn die lettischen  Jungvögel durch die Umsiedelung im
Nachteil wären, würde das den Erfolg des Aufzuchtprogramms 
schmälern“, so Meyburg.
   Es zeigte sich aber, dass die eingeschlagenen Zugwege nicht durch 
die Herkunft der Jungvögel, sondern durch das Abzugsdatum bestimmt 
werden. Diejenigen Jungadler, die deutlich vor den lokalen Altvögeln 
abzogen, flogen allgemein in südliche Richtungen und landeten meist 
im Mittelmeer. Die etwas später gleichzeitig mit Altvögeln aus der 
Region abziehenden Jungvögel flogen dagegen auf dem richtigen Zugweg 
Richtung Bosporus nach Südosten. Junge Schreiadler, gleichgültig ob 
aus Deutschland oder Lettland stammend, müssen die optimale Zugroute 
also von fremden älteren Adlern erlernen, im Gegensatz etwa zu vielen
nachts ziehenden Kleinvögeln, denen die angeborene Zugrichtung und 
-länge zur Orientierung ausreichen. Insgesamt erreichten nur 55 
Prozent der Jungvögel Afrika.
   „Die Chance bei südlichem Abzug auf erfahrene ziehende Altvögel 
aus westlichen Teilen des Verbreitungsgebietes zu treffen, ist bei 
osteuropäischen Schreiadlern groß“, erklärt Meyburg. „Anders sieht 
dies für Jungvögel am westlichen Rand des Verbreitungsgebietes in 
Deutschland aus: Sie haben nur ganz am Anfang ihres Zuges eine Chance
sich erfahrenen Schreiadlern anzuschließen, was ihre 
Überlebenschancen deutlich mindert. Gleichzeitig wissen wir nun, dass
die aus Deutschland nach Südosten ziehenden Schreiadler als 
–Einsammeldienst– für östliche Jungvögel besonders wichtig sind – ein
Grund mehr, sich für die verbliebenen Schreiadler am westlichen Rand 
des Verbreitungsgebiets in Deutschland einzusetzen.“
   Herausragend für die Forscher war auch die Erkenntnis, dass die 
importierten lettischen Vögel die Auswilderungsregion und nicht den 
Geburtsort als Heimat betrachten. Einige der ausgewilderten Jungvögel
konnten nämlich später als Brutvögel in Deutschland und im 
benachbarten Polen festgestellt werden. Ein ursprünglich aus Lettland
stammendes Männchen besetzte sogar ein Revier in nur wenigen 
Kilometern Entfernung von der Auswilderungsstation. Dank der Studie 
konnte der NABU in diesem Jahr neben Jungvögeln aus Brandenburg 
erstmals  auch wieder acht Zweitküken aus Südost-Polen in das 
Auswilderungsprogramm aufnehmen.
Literaturangabe zur Veröffentlichung:
   Meyburg, B.-U., Bergmanis, U., Langgemach, T., Graszynski, K., 
Hinz, A., Börner, I., Meyburg, C. and Vansteelant, W. M. G. (2017). 
Orientation of native versus translocated juvenile lesser spotted 
eagles (Clanga pomarina) on the first autumn migration. Journal of 
Experimental Biology 220: 1-12. doi: 10.1242/jeb.148932 0
Der Artikel ist frei zugänglich unter http://jeb.biologists.org/
Kostenfrei Pressebilder unter www.NABU.de/pressebilder_schreiadler
Pressekontakt:
Prof. Bernd-Ulrich Meyburg, Leiter des NABU-Programms zum 
Jungvogelmanagement bei Schreiadlern und Hauptautor der Studie, 
+49-160-96775743, E-Mail: BUMeyburg@aol.com 
Lars Lachmann, NABU-Vogelschutzexperte,  030-284984-1620, E-Mail: 
lars.lachmann@NABU.de 
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