Waldbrände, Plantagen, Industrialisierung oder 
Wilderei – die Liste der Bedrohungen für die selten gewordenen 
Orang-Utans ist lang. Die Schlinge zieht sich immer enger um den Hals
unserer nahen Verwandten in Südostasien. Mittlerweile gelten nur noch
19 der 52 bekannten Populationen der Menschenaffen als langfristig 
überlebensfähig. Darauf weist der WWF anlässlich des 
Welt-Orang-Utan-Tages am Sonntag hin.
   Besonders bedroht ist nach Angaben der Umweltschützer die erst 
kürzlich entdeckte Art des Tapanuli-Orang-Utans (Pongo tapanuliensi) 
auf der indonesischen Insel Sumatra. Mit nur 800 Individuen handelt 
es sich um die seltenste Menschenaffenart der Welt. Plantagen und 
Goldminen nagen an dem verbleibenden Lebensraum von rund 1.000 
Quadratkilometern, der damit nur wenig größer ist als die Stadt 
Berlin. Ein großes Wasserkraftwerk am Batang-Toru-Fluss in ihrem 
wichtigsten Verbreitungsgebiet droht den Tapanulis nun den Rest zu 
geben. Etwa 100 Quadratkilometer Wald würden dauerhaft überflutet. 
Durch Bauwerke und Infrastruktur würde sich der Verlust auf 25 
Prozent ihres Lebensraumes summieren.
   Allein aufgrund der aktuell bereits fortschreitenden Zerstörung 
seines Lebensraumes für Plantagen und die Förderung von Bodenschätzen
gehen Fachleute davon aus, dass die Zahl der Tapanuli-Orang-Utans bis
Mitte des Jahrhunderts um über 80 Prozent einbrechen könnte. Doch in 
dieser Prognose ist der Staudamm noch nicht eingerechnet, so der WWF:
   „Das geplante Wasserkraftwerk im Kerngebiet drängt die seltenen 
Orang-Utans näher an den Abgrund und könnte ihr Schicksal endgültig 
besiegeln. Das Problem ist nicht nur die damit einhergehende 
Vernichtung ihres Lebensraumes. Der Staudamm würde ihre Heimat weiter
fragmentieren und die einzelnen Populationen voneinander trennen. 
Noch leben die Tiere in einem relativ schwer zugänglichen Teil 
Sumatras. Doch mit dem Kraftwerk kommen Straßen und mit ihnen die 
Wilderer. Auch das Geschäft mit Plantagen und Bergwerken wird noch 
einfacher und lukrativer. Das Kraftwerk droht der Dominostein zu 
werden, der alles zum Einsturz bringt“, warnt Carola Wehr, 
Indonesien-Referentin beim WWF Deutschland.
   Trotz zahlreicher Proteste liegt bereits eine Baugenehmigung für 
das Megaprojekt vor. Das ausführende chinesische Unternehmen 
Sinohydro hat nach Angaben des WWF bereits mit den Vorbereitungen wie
Konstruktionsplanung, Flächenakquise und dem Bau von Straßen und 
Leitungen begonnen. Die Fertigstellung ist für 2022 geplant. Der WWF 
fordert von der indonesischen Regierung eine Neubewertung des 
Projekts. Nachhaltigkeitsaspekte seien im Planungsverfahren viel zu 
kurz gekommen, außerdem stehe man mit der Entdeckung der 
Tapanuli-Orang-Utans vor einer völlig anderen Situation:
   „Die Entdeckung einer neuen Menschenaffenart ist eine biologische 
Sensation und die der Tapanulis könnte das letzte Mal sein, dass dies
überhaupt gelingt. Das Überleben dieser seltenen Tiere ist eine 
Menschheitsaufgabe. Ihr Lebensraum muss umfassend unter Schutz 
gestellt werden. Dazu gehört auch eine Verlegung des Staudamms. Ein 
derart großes Kraftwerk wird die Natur immer in Mitleidenschaft 
ziehen, aber der aktuell geplante Standort ist der Super-Gau für die 
Orang-Utans“, so Carola Wehr.
Hintergrund Tapanuli-Orang-Utan:
   Der Tapanuli-Orang-Utan lebt ausschließlich im nördlichen Teil der
indonesischen Insel Sumatra. Dort kommt er im Batang-Toru-Wald in der
Provinz Sumatera Utara vor. Der Wald erstreckt sich über Höhenlagen 
von 150 bis 1.800 Meter. Das gesamte Verbreitungsgebiet des 
Tapanuli-Orang-Utans wird auf eine Fläche von rund 1.000 
Quadratkilometer geschätzt, wobei sich die Tiere auf mittelhohe 
Gebirgslagen von 300 bis 1.300 Meter beschränken.
   Tapanuli-Orang-Utans erreichen wie ihre nahen Verwandten, die 
Sumatra- und Borneo-Orang-Utans, eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 1,5
Metern und ein Gewicht von bis zu 90 Kilogramm. Mit 800 Individuen 
sind die Tapanulis die seltenste Menschenaffenart über-haupt und 
deutlich seltener als Sumatra- und Borneo-Orang-Utans (mit 14.000 
bzw. 54.000 Individuen). Die 800 Tapanulis teilen sich in mehrere 
voneinander räumlich getrennte Populationen auf, von denen nur die 
größte mit etwa 500 Individuen als überlebensfähig gilt. Sie wäre von
dem geplanten Wasserkraftwerk am stärksten betroffen.
Pressekontakt:
WWF World Wide Fund For Nature
Immo Fischer
Telefon: +49 30 311777 427
E-Mail: immo.fischer@wwf.de
Original-Content von: WWF World Wide Fund For Nature, übermittelt durch news aktuell
