Die deutschen Umweltverbände äußern scharfe
Kritik an einzelnen Änderungen des novellierten 
Bundesnaturschutzgesetzes im Bereich Meeresschutz. Sie befürchten, 
dass sich der Schutz der Nord- und Ostsee weiter verschlechtern 
könnte. NABU, BUND, DNR, DUH, Greenpeace, Schutzstation Wattenmeer, 
WWF und Whale & Dolphin Conservation kritisieren, dass das in den 
Verhandlungen federführende Bundesumweltministerium dem Druck anderer
Ministerien nachgegeben habe und einen gefährlichen Handel 
eingegangen sei, um das Gesetz schnell zu verabschieden. Das neue 
Bundesnaturschutzgesetz sichert den Ministerien für Wirtschaft, 
Verkehr, Landwirtschaft und Forschung erstmals ein Vetorecht bei der 
Unterschutzstellung der wertvollsten Meeresgebiete zu. So dürften 
künftig die Fischerei-, Rohstoff- und Schifffahrtslobbys 
mitentscheiden, welche Maßnahmen zum Schutz von Schweinswalen und 
Kegelrobben, Riffen oder Seegraswiesen ergriffen werden. Die 
Umweltverbände fordern jetzt den Bundestag und Bundesrat auf, die 
sogenannte Einvernehmensregelung zu stoppen. Ansonsten drohe der 
weitere Ausverkauf der Nord- und Ostsee.
   Die Kritik zielt insbesondere auf den Paragraphen 57 der 
Gesetzesnovelle. Hier wird den Bundesministerien – statt wie bisher 
eine Beteiligung – nun eine sogenannte Einvernehmensregelung 
zugesichert. Damit könnte ein einziges Ministerium künftig 
Verordnungen und Maßnahmen zum Schutz der Meere blockieren. „Diese 
Gesetzesnovelle wird die Übernutzung unserer Meere zementieren. Das 
zeigten bereits die Verhandlungen um die Natura-2000-Gebiete in der 
deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone. Die im vergangenen Jahr 
veröffentlichten Entwürfe der Naturschutzgebietsverordnungen sind in 
den letzten Monaten durch die anderen Ministerien so stark verwässert
worden, dass die Bundesregierung weder ihrem eigenen 
Koalitionsvertrag gerecht wird, noch den EU-rechtlichen 
Verpflichtungen“, so die Verbände. Jedes beteiligte Ministerium habe 
sich Ausnahmen in die Verordnungsentwürfe schreiben lassen, so dass 
in den Schutzgebieten weiter gefischt, Sand- und Kies abgebaut oder 
mit extrem lauten Schallkanonen nach fossilen Rohstoffen gesucht 
werden dürfe.
   In der eigenen Pressemitteilung zur Gesetzesnovelle sprach die 
Bundesregierung am vergangenen Mittwoch von einer Grundlage für den 
besseren Schutz der Meere. Zwar ermöglicht das neue Gesetz, zukünftig
auch weniger prominente Artengruppen wie Rochen oder Muscheln bei 
Schutzbemühungen zu berücksichtigen. Doch das nütze nichts, da 
effektive und regulierende Maßnahmen praktisch ausgeschlossen würden,
so die Verbände.
   Schon heute setzen sich beim Meeresschutz viel zu oft einzelne 
Wirtschaftsinteressen gegen das Allgemeininteresse durch. Die 
Gesetzesnovelle dürfte es dem Bundesumweltministerium und dem 
Bundesamt für Naturschutz noch schwerer machen, die Artenvielfalt in 
unseren Meeren für zukünftige Generationen zu erhalten. Dabei gilt 
heute jede dritte Art in Nord- und Ostsee nach Roter Liste als 
gefährdet. Grund dafür sind nach eigener Aussage der Bundesregierung 
vor allem Fischerei, Kies- und Sandabbau sowie der Eintrag von Nähr- 
und Schadstoffen.
   „Deutschland setzt sich richtigerweise für die Zukunft der 
Antarktis und gegen die weltweite Vermüllung der Meere ein, versagt 
aber kläglich beim Meeresschutz vor der eigenen Haustür. Bundestag 
und Bundesrat dürfen nicht zulassen, dass die Bundesregierung vor den
Interessen der Wirtschaftslobby einknickt, sonst verspielt 
Deutschland seine internationale Reputation beim Meeresschutz“, so 
die Verbände.
   Hintergrund Formal sind rund 45 Prozent der deutschen 
Meeresflächen durch das Natura-2000-Netzwerk geschützt. Darunter sind
die Schutzgebiete nach EU-Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie 
zusammengefasst. Zehn Jahre nach ihrer Anerkennung durch die EU 
sollen die Natura-2000-Gebiete in der Ausschließlichen 
Wirtschaftszone endlich den rechtlichen Status von 
Naturschutzgebieten erhalten. Deutschland hatte bereits 2013 die 
EU-Frist zur Verankerung von konkreten Maßnahmen zum Schutz der Meere
verpasst. Zuletzt gingen die Umweltverbände sogar vor Gericht, um die
fehlende Regulierung der kommerziellen Fischerei innerhalb von 
Schutzgebieten zu erwirken. Diese im Koalitionsvertrag vereinbarte 
Regulierung der Berufsfischerei in Schutzgebieten wird wieder nicht 
erfüllt werden.
   Die Stellungnahme der Umweltverbände zu den 
Schutzgebietsverordnungen finden Sie hier: http://ots.de/Y4mBQ
Pressekontakt:
NABU: Dr. Kim Detloff, Meeresschutzexperte, Tel: 030 284984-1626, 
Kim.Detloff@NABU.de
BUND: Nadja Ziebarth, Meeresschutzexpertin, Mobil: 0174 319 1424, 
Nadja.Ziebarth@bund.net
DNR: Florian Schöne, Generalsekretär, Tel. 030 678177599, 
florian.schoene@dnr.de 
DUH: Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz, Mobil: 0160 8950556, 
stoecker@duh.de 
Greenpeace Deutschland: Thilo Maack, Meeresexperte, Mobil: +49 171 
8780 841, thilo.maack@greenpeace.de
WWF: Stephan Lutter, Meeresschutzexperte, Mobil: 0151 1885 4925, 
stephan.lutter@wwf.de
Whale & Dolphin Conservation: Fabian Ritter, Meeresschutzexperte, 
Mobil. +49 1577 344 82 74, fabian.ritter@whales.org
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