Im Jahr 2050 werden auf der Erde zehn Milliarden Menschen leben. 
Mit dem Wachstum verändern sich auch die Konsumgewohnheiten. Immer 
mehr Menschen leben in  Städten und eine wachsende Mittelschicht 
sorgt dafür, dass die Nachfrage nach Fleisch, Milch und Eiern rasant 
steigt. Wie kann es gelingen, die Tierhaltung produktiver zu 
gestalten, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, gleichzeitig
aber das Klima und die knapper werdenden Ressourcen Boden und Wasser 
zu schonen? Und zudem den Ansprüchen der Verbraucher an hohe 
Tierschutzstandards gerecht zu werden? Diese Fragen diskutierten über
2.000 Vertreter aus Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und 
Zivilgesellschaft in zehn Fachpodien, zwei High Level Panels und 
einem Wirtschaftspodium auf dem mittlerweile zehnten Global Forum for
Food and Agriculture (GFFA) in Berlin.
Tierhaltung sichert Existenz von 1,3 Milliarden Menschen
   In der Auftaktveranstaltung erinnerte der Generaldirektor des 
International Livestock Research Institute (ILRI), Jimmy Smith, 
daran, dass die Tierhaltung weltweit die wirtschaftliche Existenz von
1,3 Milliarden Menschen sichert. Doch Produktionssysteme und 
Verbrauch unterscheiden sich erheblich: Während jeder Europäer im 
Durchschnitt jährlich mehr als 70 Kilogramm Fleisch verzehrt, sind es
in Afrika gerade einmal acht Kilogramm. Smith warnt davor, den 
Verzehr tierischer Produkte und die Tierhaltung generell zu 
verteufeln, wie es immer öfter im globalen Norden passiere: „Eine 
stärkere Nachfrage nach Fleisch kann in den Ländern des Südens für 
Einkommen und Arbeitsplätze sorgen“, sagte Smith.
   Im High Level Panel der Europäischen Kommission wies der 
Generaldirektor der UN-Landwirtschafts-und Ernährungsorganisation, 
José Graziano da Silva, auf die Bedeutung tierischer Proteine für die
menschliche Ernährung hin. Viele Menschen in den armen Ländern nehmen
zu wenig Eiweiß zu sich; gerade für Kinder und Jugendliche sowie 
ältere Menschen sei das hochwertige tierische Protein essenziell und 
nur schwer zu ersetzen. Zudem seien Nutztiere gerade für die Ärmsten 
der Welt das wichtigste Kapital. Besonders prekär ist die Lage für 
die nomadisierenden Viehzüchter in der Sahelzone: Der Klimawandel mit
seinen sinkenden Niederschlägen lässt die Weideflächen vertrocknen, 
während wärmeliebende Insekten verheerende Krankheiten auf die Tiere 
übertragen. Doch verlieren die Pastoralisten ihre Herden und damit 
ihren Lebensunterhalt, bleibt ihnen oft nur die Migration – in die 
benachbarten Städte oder auch über das Mittelmeer nach Europa. „Wir 
müssen den Ärmsten der Armen helfen, ihr Überleben vor Ort zu 
sichern“, so sein Appell an die Diskussionsteilnehmer.
Tierhaltung bewirkt 14 Prozent der Treibhausgas-Emissionen
   Unbestritten ist, dass die Tierhaltung mit erheblichen 
Umweltauswirkungen verbunden ist: Sie ist für rund 14 Prozent der 
globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. „Unser nationales 
Forschungsinstitut hat gezeigt, dass wir Fleisch auch klimaneutral 
produzieren können“, versicherte der brasilianische Agrarminister 
Blairo Maggi. Entscheidend dafür sei der Einsatz moderner 
Technologien bei Tierzucht, Fütterung und Weidemanagement sowie eine 
kluge Kombination von Ackerbau, Forst und Tierhaltung. Seine 
Amtskollegin aus Sambia, Dora Siliya, fordert sowohl in der Politik 
als auch bei den Tierhaltern selbst ein Umdenken: „Sie müssen die 
Nutztierhaltung nicht nur als –way of life–, sondern als Business 
betrachten!“ Hierfür will die Ministerin durch bessere 
landwirtschaftliche Beratung, Finanzierungsmöglichkeiten und eine 
bessere Anbindung der Produzenten an die Märkte sorgen.
   Einig waren sich alle Podiumsteilnehmer, dass es keine 
Pauschallösung für eine effizientere und verantwortungsbewusstere 
Tierhaltung gibt. So hätten beispielsweise Haltungssysteme, die 
großen Wert auf das Tierwohl legen, nicht unbedingt automatisch eine 
bessere Emissionsbilanz, sagte EU-Agrarkommissar Phil Hogan. „Wir 
müssen die richtigen Anreize für die Landwirte setzen. Wenn die 
Zahlungen sich an bestimmten Umwelt- und Klimazielen orientieren, 
bekommen wir auch die Aufmerksamkeit der Bauern“, ist Hogan 
überzeugt.
Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell
   „Die Agrarbranche muss sich darauf einstellen, dass sich die Dinge
ändern: Sie müssen all Ihre Geschäftspläne auf Nachhaltigkeit 
ausrichten, sonst werden Sie vom Markt gefegt“, so die klaren Worte, 
die Bundesagrarminister Christian Schmidt an die Gäste des 
Internationalen Wirtschaftspodiums richtete. Der Minister prangerte 
Produktionsmethoden an, die nur auf schnelles Geld abzielen, aber 
gesamtgesellschaftlichen Schaden anrichten können, etwa der 
unverantwortliche Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, der zur
Entwicklung von Multiresistenzen führt. Zudem würden sich 
Produktionsauslagerungen, die nur auf eine Verbesserung der 
Wettbewerbsfähigkeit abzielen, verbieten, so der Minister weiter. Er 
rief alle Anwesenden und ihre Berufskollegen dazu auf, Verantwortung 
zu übernehmen, „dann können wir die Welt auch ernähren.“
   Das Internationale Wirtschaftspodium, das im Rahmen des GFFA 
traditionell von der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft 
ausgerichtet wird, sollte klären, welche Rolle dabei der Handel 
spielen kann und wie die Nahrungsmittel-Lieferketten verbessert 
werden können. Während der Vizegeneraldirektor der 
Welthandelsorganisation, Alan Wolff, die Vorteile offener Märkte 
betonte und Bernd Naaf, Kommunikationsleiter bei der Bayer AG, den 
zunehmenden Protektionismus in bestimmten Märkten als „potenziell 
verheerend für Länder mit niedrigem Einkommen“ bezeichnete, warnte 
der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Till Wahnbaeck 
davor, Freihandel als Allheilmittel zu propagieren. „Wir dürfen 
unsere Freihandelsregelungen nicht Märkten auferlegen, die sich 
gerade entwickeln und noch nicht konkurrenzfähig sind; hier kann ein 
Schutz für eine gewisse Zeit durchaus angebracht sein“, betonte 
Wahnbaeck. Als Beispiel nannte er das westafrikanische Land Burkina 
Faso, in dem Kleinbauern und Pastoralisten versuchten, Absatzmärkte 
für ihre Milch aufzubauen, sich aber kaum gegen die Konkurrenz des zu
Niedrigpreisen importierten Milchpulvers behaupten können.
   Der Vorsitzende der Task Force „Agrarmärkte“ der EU-Kommission, 
Cees Veermann, setzte sich für mehr Markttransparenz und eine 
Stärkung der Position der Erzeuger ein, indem sie die Möglichkeit 
erhalten, ihre Produkte gemeinsam zu vermarkten. „Wir müssen die 
Vorschriften für Kooperationen und das Wettbewerbsrecht klar fassen, 
damit die Landwirte sich rechtlich abgesichert zusammenschließen 
können“, so der Hochschulprofessor und ehemalige Agrarminister der 
Niederlande.
   Landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten bieten gerade mit Blick 
auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit im globalen Süden großes 
Potenzial, doch die jungen Menschen kehren der Branche den Rücken – 
zu risikobehaftet, zu regelbelastet, zu wenig lukrativ, so die 
Direktorin des Internationalen Handelszentrums (ITC), Arancha 
González. „Wir müssen dafür sorgen, dass Landwirtschaft wieder cool 
ist“, lautete ihr Aufruf an ihre Mitstreiter. „Nichts ist so cool wie
Rentabilität“, lieferte der Präsident des Weltbauernverbands (WFO), 
Theo de Jager, gleich das passende Rezept. Die Realität der 
kleinbäuerlichen Landwirtschaft sei davon jedoch zumindest in Afrika 
weit entfernt – mit durchschnittlichen Betriebsgrößen von unter einem
Hektar, Maiserträgen von weniger als einer Tonne pro Hektar und einem
Erlös von 0,50 US-Dollar am Tag. Was der Sektor brauche: 
Mechanisierung, Modernisierung, Kommerzialisierung.
Minister fordern nachhaltige und leistungsfähige Tierhaltung
   Den politischen Höhepunkt der dreitägigen Veranstaltung bildete 
die 10. Berliner Agrarministerkonferenz – die weltweit größte ihrer 
Art. Landwirtschaftsministerinnen und -minister aus 69 Staaten sowie 
Vertreter der EU-Kommission und zahlreicher internationaler 
Organisationen waren auf Einladung von Bundeslandwirtschaftsminister 
Schmidt nach Berlin gekommen, um auf der Basis der vorangegangenen 
Diskussionen Eckpunkte für eine nachhaltige und leistungsfähige 
Tierhaltung festzuklopfen.
   In ihrem Abschlusskommuniqué rufen die Regierungsvertreter ihre 
Amtskollegen und alle internationalen Organisationen zum Handeln auf.
Sie sollen sich einsetzen für
   – die Gewährleistung der globalen Ernährungssicherung, unter 
     anderem durch eine effizientere und nachhaltige Erzeugung und 
     einen besseren Zugang zu tierischen Lebensmitteln;
   – die Verbesserung der Existenzgrundlage der Nutztierhalter, indem
     sie eine gewichtigere Stellung in den Wertschöpfungsketten 
     erhalten und Arbeitsbedingungen vorfinden, die den Normen der 
     Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) entsprechen;
   – den Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen, indem sie 
     ressourceneffiziente Agrarsysteme sowie den Wissensaustausch zur
     Reduzierung von Emissionen aus der Tierhaltung fördern;
   – die Verbesserung von Tiergesundheit und Tierwohl, unter anderem 
     durch einen besseren Zugang zu Veterinärmedizin und -beratung. 
     Einhellig fordern die Ministerinnen und Minister, die Entstehung
     von Antibiotikaresistenzen zu verhindern und hierfür gegen einen
     unnötigen Einsatz der Mittel in der Tiermast vorzugehen.
   Mit dem Kommuniqué verpflichten sich die Agrarministerinnen und 
-minister gleichzeitig, die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, 
die 2015 von der internationalen Staatengemeinschaft verabschiedet 
wurde, aktiv zu unterstützen. Zum Abschluss der Konferenz übergab 
Bundesminister Christian Schmidt das Kommuniqué an die 
Generaldirektorin der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), 
Monique Eloit, und den Generaldirektor der Ernährungs- und 
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), José 
Graziano da Silva.
   Das Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) wird seit 2009 im
Rahmen der Internationalen Grünen Woche veranstaltet. Auf der 
hochkarätigen Konferenz treffen sich Expertinnen und Experten aus der
ganzen Welt, um über zentrale Zukunftsfragen der globalen 
Landwirtschaft und Welternährung zu diskutieren. 135 der 199 Länder 
der Welt haben bereits am GFFA teilgenommen. In diesem Jahr stand die
Konferenz unter dem Motto „Die Zukunft der tierischen Erzeugung 
gestalten – nachhaltig, verantwortungsbewusst, leistungsfähig“.
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