Studie zeigt erhebliche Interessenskonflikte zwischen 
Landwirtschaft und Naturschutz / Dr. Michael Otto überreicht Studie 
und 20-Punkte-Plan an die Staatssekretäre Jochen Flasbarth und Dr. 
Robert Kloos / Untergliederung großer Ackerflächen für mehr 
Strukturvielfalt und extensive Nutzung von Dauergrünland sind 
wesentliche Punkte /
   Berlin/Hamburg, 1. Juli 2014 – Die Biodiversität in Deutschland 
ist vor allem im Bereich der Agrarflächen ernsthaft bedroht. Daran 
haben bislang weder die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
noch das „Greening“ im Zuge der neuen EU-Agrarförderung etwas ändern 
können. Dies zeigt eine aktuelle Bestandsaufnahme und Analyse der 
Michael Otto Stiftung für Umweltschutz, die jetzt in Berlin von Dr. 
Michael Otto vorgestellt wurde. Die von seiner Stiftung beim 
Michael-Otto-Institut im NABU, Bergenhusen, in Auftrag gegebene 
Studie „Naturschutz in der Agrarlandschaft am Scheideweg – 
Misserfolge, Erfolge, neue Wege“ analysiert die Verluste biologischer
Vielfalt in der Agrarlandschaft am Beispiel der Pflanzen und Vögel. 
So haben sich beispielsweise die Bestände von 15 der 20 typischen 
Brutvögel in landwirtschaftlich genutzten Lebensräumen kontinuierlich
reduziert, bei drei Arten hat sich der Bestand seit 1980 sogar mehr 
als halbiert. Mindestens genauso dramatisch stellt sich die Situation
der Blütenpflanzen der Agrarlebensräume dar, einzelne Arten haben 
seit den 1950er Jahren mehr als 99 Prozent ihres Bestands eingebüßt.
   Als Hauptursache für die fortschreitende Abnahme der Biodiversität
haben Institutsleiter Dr. Hermann Hötker und Prof. Christoph 
Leuschner die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft 
ausgemacht. Die Produktionsförderung für nachwachsende Rohstoffe und 
die hohe Nachfrage nach Grundstoffen zur Herstellung regenerativer 
Energieträger wie Biokraftstoffe oder Biogas heizen den Flächenbedarf
an landwirtschaftlicher Nutzfläche noch zusätzlich an und gefährden 
so die letzten Refugien der Biodiversität. „Die Ziele einer 
Intensivierung der Landwirtschaft auf der einen und die Bewahrung der
Biodiversität auf der anderen Seite stehen sich häufig diametral 
gegenüber. Gerade wegen dieser Interessenskonflikte ist eine enge 
Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft heute dringend 
erforderlich“, erklärt Dr. Michael Otto.
   Um den Dialog zwischen den Interessengruppen und den politischen 
Entscheidungsträgern im Sinne eines partnerschaftlich betriebenen 
Umweltschutzes zu intensivieren, überreichte Dr. Michael Otto die 
Studie und einen 20-Punkte-Plan den Staatssekretären Jochen Flasbarth
im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und 
Reaktorsicherheit, und Dr. Robert Kloos im Bundesministerium für 
Ernährung und Landwirtschaft. Wesentliche Punkte sind die 
Untergliederung großer Ackerflächen für mehr Strukturvielfalt und die
vermehrte extensive Nutzung von Dauergrünland sowie eine verstärkte 
Förderung des ökologischen Landbaus und die Ausweisung von 
Vorrangflächen für die Biodiversität im Acker- und Grünland.
   Die Studie untersucht darüber hinaus, inwieweit die bisher 
verfügbaren Instrumente des Naturschutzes wirksam waren und ob sie 
für die noch zunehmenden Anforderungen ausreichen. Zudem beleuchtet 
sie alternative Ansätze des Biodiversitätsschutzes in der 
Agrarlandschaft aus anderen Ländern und prüft deren Übertragbarkeit 
auf Deutschland.
   Wie die Studie der Michael Otto Stiftung für Umweltschutz weiter 
zeigt, ging die Fläche des artenreichen mesophilen (mittelfeuchten) 
Grünlands und des Feuchtgrünlands in Norddeutschland seit 1950 um 
rund 85 Prozent zurück. Die Ursache hierfür war vor allem die 
Umwandlung in Intensiv-Grünland. Im Ackerland verringerte sich die 
potenziell für Ackerwildkräuter (Segetalflora) besiedelbare Fläche um
etwa 95 Prozent. Selbst eine stärkere Anlage von extensiv genutzten 
Ackerrandstreifen wird nicht ausreichen, um die Restbestände der 
Ackerwildkräuter dauerhaft zu schützen.
   Auch der Ökolandbau kann nur begrenzte Beiträge zum Artenschutz 
leisten. Der Umfang von Agrar-Umweltmaßnahmen (AUM) ist in 
Deutschland derzeit viel zu gering, als dass messbare Auswirkungen 
auf die Bestandsentwicklung der Ackervögel zu erwarten wären. Zudem 
ist die Qualität der Maßnahmen oft nicht ausreichend und zu wenig 
regionen- bzw. artenspezifisch. Grünlandschutzgebiete können zur 
Bestandsstützung einiger hoch bedrohter Arten zwar beitragen, jedoch 
den flächendeckenden Negativtrend nicht aufhalten, zumal die 
Schutzziele in der überwiegenden Zahl der Fälle verfehlt werden. 
Hinzu kommt, dass in zehn Bundesländern kein regelmäßiges Monitoring 
der Wirksamkeit von AUM in Bezug auf Agrar-Vogelarten durchgeführt 
wird.
   Erfolgreiche Schutzprojekte im Grün- und Ackerland zeichnen sich 
unter anderem dadurch aus, dass eine intensive Betreuung vorhanden 
ist. Als Faustregel sollten mindestens 0,1 Personalstellen pro 100 ha
Schutzgebietsfläche bzw. ein Viertel der Projektgesamtkosten für 
Beratung, Betreuung und Monitoring von Agrar-Umweltmaßnahmen 
verfügbar sein. Für die nächste Zukunft ist mit keiner Verbesserung 
der Biodiversität auf Agrarflächen zu rechnen. Auch das derzeit 
anlaufende „Greening“ wird auch in nächster Zukunft mit keiner 
Verbesserung der Biodiversität auf Ackerflächen zu rechnen sein“, 
erklärt Dr. Hermann Hötker.
   Vielversprechenden Schutz der Biodiversität scheinen 
Demonstrationsbetriebe mit Biotop-Management-Maßnahmen zu erzielen – 
und das trotz konventioneller Wirtschaftsweise und ohne Minderung der
Wirtschaftlichkeit des Hofes. Das Beispiel der Hope Farm in England 
demonstriert, wie sich Ökonomie und Ökologie im konventionellen 
Ackerbau vereinbaren lassen. In Deutschland besteht dringender Bedarf
an vergleichbaren landwirtschaftlichen Demonstrationsprojekten, die 
die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Naturschutz transparent 
machen. Die Michael Otto Stiftung für Umweltschutz verfolgt diesen 
Weg mit ihrer Arbeit weiter, damit praktische Lösungen gefunden 
werden können.
   Die Studie, das Foto der Studienübergabe und weiteres 
Informationsmaterial steht im Internet unter 
www.michaelottostiftung.de/de/presse.html zur Verfügung.
Pressekontakt:
Stephan Zirpel
Geschäftsführer Michael Otto Stiftung für Umweltschutz
Tel. 040/6461-6452
stephan.zirpel@michaelottostiftung.org

One thought on “Dramatische Abnahme der Biodiversität auf Agrarflächen durch ausufernde Intensivierung der Landwirtschaft (FOTO)”
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